Kultobjekt Designobjekt Fahrrad

Das Fahrrad, Kultobjekt – Designobjekt
11.11.2022 – 24.09.2024
Die neue Sammlung
Pinakothek der Moderne
Barer Str. 40, München

www.pinakothek-der-moderne.de

Artikel teilen

Transportmittel Fahrrad: Muskelkraft oder Elektromotor

Für den einen ist es ein Transportmittel, für den anderen ein Sportgerät. Der eine fährt gerne langsam, dem anderen kann der Fahrtwind nicht kräftig genug um die Ohren wehen. Und ob mit Muskelkraft oder Elektromotor, in Asien oder Europa: Fakt ist, dass das Fahrrad das weltweit am weitesten verbreitete Verkehrsmittel ist. Aber es ist nicht nur Gebrauchsobjekt, es ist auch verehrtes Design und Kultobjekt. Und genau das soll die aktuelle Ausstellung in der neuen Sammlung der Pinakothek der Moderne in München zeigen. Kurator Dr. Josef Straßer hat dafür 70 Exponate von Sammlern rund um den Globus zusammengestellt. „Wir präsentieren die ungewöhnlichsten und spannendsten Modelle der Designgeschichte, ohne den Fokus auf die Technologie zu legen – obwohl Design und Technik natürlich eng miteinander verbunden sind“, betont der Kurator in seiner Eröffnungsrede. Die Idee dafür gab es bereits seit Längerem, jetzt wurde sie in Kooperation mit dem deutschen Fahrradmuseum umgesetzt.

Pinakothek der Moderne: Zoombike von Richard Sapper

Die Spannung der ersten Besucher im großzügigen Eingangsbereich der Pinakothek der Moderne ist damit geweckt und bestimmt wäre der ein oder andere schon die Stufen ins Untergeschoss hinuntergeeilt, wenn nicht das erste Exponat bereits den Weg dorthin gesäumt hätte: das silberfarbene faltbare „Zoombike“ von Richard Sapper und Francis Ferrain, das im Jahr 2000 auf der Internationalen Automobilausstellung in Frankfurt der Öffentlichkeit vorgestellt wurde. „Manchmal ist das Besondere nicht auf den ersten Blick zu erkennen“, ermutigt Dr. Straßer die Besucher. Also Brille aufgesetzt und auf den zweiten Blick festgestellt: Alle mechanischen Teile, einschließlich Antriebskette und 3-Gang-Kettenschaltung, sind in einem Rohr versteckt, genauso wie das Vorderlicht samt Akku. Dieser zweite Blick ist wesentlich für den Besuch der Ausstellung. Denn manchmal muss man schon genau hinschauen, um alle Finessen zu entdecken. So auch bei dem roten Rennrad aus der Studie des Designers Luigi Colani, das ebenso den Weg in Richtung des eigentlichen Ausstellungsraumes ziert. Sein Sattel verschmilzt auf beeindruckende Weise mit einem aerodynamisch geformten Oberrohr. Oder bei einem Modell der einstigen Frankfurter Adler Fahrradwerke aus dem Jahr 1903, das mit seinem diamantförmigen Rahmen die allgemeine optische Vorstellung des heutigen Fahrrads maßgeblich geprägt hat.

Fahrradarten: Reise-, Renn- und Klappräder sowie E-Bikes

In der „Fahrrad Rotunde“, einem weißen runden Raum mit verschiedenen Ebenen, der an eine Arena erinnert, sind die Räder dann chronologisch platziert. Hier reihen sich Reise-, Renn- und Klappräder, E-Bikes und viele weitere aneinander. Allerdings nicht mit dem Anspruch auf Vollständigkeit, denn schließlich ist nur Platz für die interessantesten Modelle. Wie viel Arbeit und Leidenschaft der Kurator in die Ausstellung gesteckt hat, verraten seine leuchtenden Augen. Und so lassen wir uns anstecken von seinem Enthusiasmus und wandern vorbei an der hölzernen Laufmaschine von Karl von Drais aus dem Jahr 1817, staunen über die riesigen Speichen eines französischen Tretkurbelrades, schmunzeln über einen gemütlich aussehenden gefl ochtenen Hängematten-Sattel, bewundern den kunstvoll geschmiedeten Kettenschutz eines zerlegbaren Bambus-Fahrrads, liebäugeln mit einem grünen Bonanza-Fahrrad mit Schaltknüppel, Hirschgeweih-Lenker und Glitzersitz, bis wir schließlich andächtig vor den letzten Exponaten stehen bleiben: der Nummer 69, einem topmodernen Elektrobike, das noch nicht auf dem Markt ist, und der Nummer 70, einem Stadtrad aus dem Jahr 2022, dessen Rahmen mit einem 3D-Drucker gefertigt wurde – transparent, aus recyceltem Kunststoff, der wiederum recycelbar ist. So sieht also die Zukunft des Fahrrads aus: nachhaltig, stylish, innovativ. Und auch als Fortbewegungsmittel ist es vielleicht so wichtig wie nie zuvor. Wir sind gespannt, welche Geschichten es noch schreiben wird.

Bildrechte: Die Neue Sammlung – Kai Mewes (Fahrrad-Rotunde), Isabell Stegmeier (Detailaufnahmen)