Restaurant ES:SENZ im Resort Das Achental

Restaurant ES:SENZ
im Resort Das Achental

Mietenkamer Straße 65
83224 Grassau.
Tel. 08641/401-609

www.das-achental.com

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Am frühen Morgen, wenn der Dunst und das karge Licht des Tagesanbruchs ineinander verschwimmen und der Horizont sich aufzulösen scheint, dann wirkt der Chiemsee tatsächlich wie ein Meer. Weit und erhaben. In der Ruhe eines solchen Morgens erlebte Edip Sigl, 2-Sternekoch im Restaurant ES:SENZ des Grassauer Resorts Das Achental, auf dem Boot der Chiemseefischerei Lex einen magischen Moment, wie er selbst sagt. Er begriff, wie schön der Chiemgau eigentlich ist. Welche Fülle an Zutaten, Aromen und Geschmack hier direkt vor ihm liegt. Welche Menschen es hier gibt. Zwei Jahre ist das erst her. Plötzlich verstand er, der vorher noch nie eine Chiemsee-Renke verarbeitet hatte, dass er hier im Chiemgau nicht irgendein Koch ist, der nur im Gourmet-Großmarkt bestellt, sondern der Mensch, dem andere Menschen mit Freude zuarbeiten, dessen Umgang mit ihren Produkten sie stolz macht. Seitdem sei Sigl ein Mensch mit einer Passion und er koche wie entfesselt, sagen seine Stammgäste.

Edip Sigl ist ein Aufblüher. Schenkt man ihm Vertrauen, wächst er über sich hinaus. Das zeigte sich früh, als er von Heinz Winkler nicht nur die Liebe zum unverfälschten Produkt mit auf den Weg bekam, sondern sich mit ihm über erste Rezeptideen austauschen durfte. Von Juan Amador stammen sein Gespür für Präzision und sein sensibler, nie übertriebener Sinn für innovative Kochtechniken. Amador übertrug ihm als Souschef früh Verantwortung. In unserer Region hörte man von ihm zum ersten Mal, als er im Münchner Les Deux von Fabrice Kieffer als Küchenchef Johann Rappenglück nachfolgte. Er hielt den bisherigen Michelinstern und erkochte innerhalb nur eines Jahres einen zweiten. Diese Fanfare klang weit über München hinaus. Und so scheint er seine Kochkunst nun im Achental Resort von Dieter Müller und Ursula Schelle-Müller zu voller Blüte zu bringen. Das luxuriöse Grassauer Golf- und Wellnessresort mit 2.000 qm Spa und eigenem 5-Sterne-Superior-Golfcourse nebst PGA Premium Golfschule wünschte sich einen absoluten Spitzenkoch. Und Edip Sigl, der schon länger im Chiemgau wohnte und täglich drei verlorene Stunden auf der Autobahn verbrachte, sehnte sich nach mehr Zeit mit der Familie.

So entstand in den ruhigeren Zeiten der letzten Jahre das Restaurant ES:SENZ – und aus Edip Sigl wurde ein anderer Koch. Er hatte ein eher dunkles Restaurant vor Augen, trotzdem heimelig und gemütlich, mit einer ruhigen und konzentrierten Stimmung für eine Küche, die präzise und klar sein und auf überflüssige Elemente verzichten sollte. Ernsthaft und doch verführerisch. Kein Schnickschnack, sondern der pure Genuss. Mit Ursula Schelle-Müller, die schon die familieneigenen Motel-One-Hotels mit einem unverwechselbaren Design geprägt hatte, arbeitete er an jedem Detail: Die besondere Haptik der Leinentischdecken war ihnen ebenso wichtig wie die Wärme des kraftvollen Steinbodens, der allerdings nicht laut sein durfte. Schnell wurde Sigl klar, dass seine bisherige Kulinarik hier nicht hineinpasste. Er, der Hochküchen-Koch klassisch französischer Prägung, ein Kunsthandwerker, der überall auf der Welt mit besten Zutaten reüssieren konnte, wollte sich verwandeln. Und aus einem Handwerk wurde eine Handschrift. Er ging auf Entdeckungsreise vor der eigenen Haustür – nicht aus Kalkül, sondern aus Gefühl. Seine Frau stammt von einem Bauernhof im Chiemgau, hier haben sie ein Haus gebaut für sich und die beiden Töchter. Der Chiemgau ist seine Heimat geworden, eine Herzenssache. Und dann hat er hier nicht nur Renke und Zander und den Saibling von der Thalhamer Mühle neu für sich entdeckt, sondern auch eine Bäuerin, die Alpensalzbutter für ihn macht und Wachteln für ihn züchtet, die er an der Karkasse brät, und bei denen es schon mal Schwund gibt, wenn eine schlachtreife Wachtel dem Hofhund vor die Füße fällt. Solche Geschichten gibt es viele. Er hat das Wildkräutersammeln und die heimische Felsenbirne mit ihrem zarten Marzipanaroma schätzen gelernt, die im Chiemgau viele unbeachtet bei sich im Garten haben, und die gesunde Kornelkirsche, die er sanft fermentiert, bis sie wie eine Olive schmeckt. Wobei Fermentation oder auch seine Molekularkünste für Sigl keine Mode sind, sondern sehr bewusst eingesetzte Mittel der Konzentration oder der Überraschung. Wenn, dann muss damit ein neues Geschmacksbild entstehen. So wie bei seinen prächtigen Mon Chéri aus Périgord-Trüffel und Entenleber, die er als eines von sechs Aperos seinen Menüs voranstellt, dazu kommen noch zwei Amuse-Bouches. Die Menüs gibt es in zwei Varianten: als „Chiemgau pur“ mit weiteren sechs Gängen oder als „Chiemgau goes around the world“ mit acht Gängen – und sie wandeln sich häufig, weil ihre Zutaten eben nicht von Rungis express geprägt sind, sondern vom Zyklus der Natur in den Chiemgauer Jahreszeiten. Es ziehen sich rote Handschriftfäden durch diese Menüs. Das feine Kalbsbries als Liebhabergericht im Chiemgau-Menü, obwohl Edip Sigl eigentlich keine Innereien mag. Der Kaviar, ein Klassiker, den er so schätzt. Seine Liebe zu Soßen, um die er sich immer selbst kümmert, weil die Soße für ihn die Seele eines jeden Gerichtes ist, die Essenz, von der es immer ein Extra-Supplement gibt. Oder aromatisierte Öle, oft subtil als Soßenergänzung eingesetzt, die den Gerichten einen entscheidenden Hauch mehr Üppigkeit und Süffigkeit verleihen. Man versteht seine Küche, wenn man sie schmeckt, das ist ihm wichtig.

Einmal hat Edip Sigl auch der Zufall geholfen, als er bei einer Grillparty bei der Nachbarin Keramik sah, die von Manuela Hollerbach aus Höslwang stammte. Gemeinsam entwickelten sie dann Geschirr mit genau jener sanften Vertiefung, die Sigls Gerichte optimal trägt. 2.400 handgefertigte Teile sind es mittlerweile, die aus seinen Kreationen Gesamtkunstwerke machen. Im Herbst 2021 wurde das Restaurant ES:SENZ eröffnet und im Frühjahr 2022, nur wenige Monate später, mit zwei Michelinsternen ausgezeichnet, die in diesem Frühjahr bestätigt wurden. Edip Sigl weiß, dass er von Koryphäen flankiert wird, wie Chef-Patissière Desirée Nieder, Restaurantmanager Simon Adam und Sommelier Iiro Lutter, der jüngst bei der VDP-Weinbörse für sein Weinkonzept ausgezeichnet wurde. Aber sich und seine Küche so zu verwandeln, wie Edip Sigl es tut, braucht Mut. Nur wenige wagen das. Ganz wenige können es. Als Genießer braucht man allerdings nicht mutig zu sein. Man kann sich in diese Küche hineinfallen lassen wie in die Wolke aus Essig, Wurzelspeck und Brotkrumen, mit der das Menü beginnt. Sie ist überaus anspruchsvoll, aber nie kompliziert. Überraschend, aber nie verstörend. Oft betörend. Sein Restaurant ES:SENZ und das ganze Achental Resort, in dem man diese Verzauberung entdecken kann, sind schon jetzt im michelinschen Sinne eine Reise wert. Schön, dass der Chiemgau so nah ist.

Bildrechte: Christopher Busch (Kirschen, Lachs, Zuckerwatte), Nadine Rupp (Innenansicht)