Um all diese Eindrücke in Möbel zu verwandeln, musste jedoch zunächst eine Methode her, mit der sich Holz möglichst frei und organisch formen lässt. Und die brachte ein glücklicher Moment an der Universität. Dort lernte der einstige Designstudent das traditionelle energieschonende Dampfbiegeverfahren kennen – sein ganz persönlicher lebensverändernder Heureka-Moment und eine Technik, die ihm genau das ermöglichte, was er vorhatte. Mithilfe des Dampfbiegens bauten schon die Wikinger ihre Schiffe oder die Instrumentenbauer im Barock und in der Klassik ihre Gitarren, Cellos und Geigen. Im Möbelbau wird seit 500 Jahren dampfgebogen. Der im Grunde simple, aber arbeitsintensive Trick besteht darin, die Zellstruktur von Holz in einer Dampfkammer mittels Wasserdampfs so weit zu verändern bzw. aufzuweichen, dass sich das Holz im Anschluss in Handarbeit leicht biegen lässt. „Sobald man hartes Holz auch nur kurz Wasserdampf aussetzt, fühlt es sich faszinierenderweise schnell an wie Gummi“, erläutert Tom Raffield. Während des Biegevorgangs wird das feuchte Holz dann in oder um speziell angefertigte Metall- oder Holzformen gewunden und dort mit Klemmen fixiert, um in die gewünschte Form gebracht zu werden. Nach dem Austrocknen behält das so behandelte Holzstück seine neue Form dauerhaft. „Die Kunst dabei ist, aus der jeweiligen Holzart beim Verformen das Mögliche herauszuholen, ohne dass das Holz splittert“, erklärt der Möbelbauer weiter. Das ist ihm wichtig, da er bei der Herstellung möglichst wenig Abfall riskieren möchte.
Überhaupt spielt Nachhaltigkeit eine zentrale Rolle für den Designer. Alle Hartholzarten, die er für seine Möbel verwendet, etwa Esche, Eiche oder Walnuss, werden aus ökologisch zertifiziertem Anbau bezogen. Der Strom für seine Werkstatt stammt von firmeneigenen Solarpaneelen. Und fällt doch einmal Abfall an, landet der unter anderem bei einem lokalen Spielzeugmacher oder als Heizmaterial bei seinen Mitarbeitern, die sich in ihrer Freizeit regelmäßig an Strandreinigungs- oder Baumpflanzaktionen beteiligen. Für den Briten und sein Team ist Nachhaltigkeit eine Herzensangelegenheit: „Ich bin der festen Überzeugung, dass sie zentral für gutes Design sein sollte, ähnlich wie Qualität und Funktion, und dass dies die Antwort auf die weitverbreitete Wegwerfmentalität und die ökologischen Herausforderungen der Zukunft ist.“ Und so folgen seine immer von einer Aura der Natürlichkeit umgebenen Entwürfe keinen Trends, sind im besten Sinne zeitlos und haben die Fähigkeit, Räumen sofort eine wohnliche Qualität zu verleihen. Aus dieser Fähigkeit heraus erklärt sich auch sein Faible für die zahlreichen Lampen in seiner Kollektion. „Wenn man eine skulpturale Holzleuchte in einen Raum hineinstellt, verwandelt sich dieser sogleich in ein Zuhause“, schwärmt er.
In den vergangenen Jahren sorgte die Manufaktur auch mit Projekten im öffentlichen Raum für Aufsehen. Das sanft geschwungene, ebenso einladende wie stringent gestaltete Wohnhaus der Familie Raffield wurde in den britischen Medien ausführlich vorgestellt und die für die Café- und Restaurantkette Colicci entworfenen Holzkioske prägen das Bild der beliebten Londoner Royal Parks nachhaltig. Und das ist ganz im Sinne des Designers.