Boltenstern

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A-1130 Wien
Tel. 0043/664/4055650
www.boltenstern.com

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Schmuck-Drucke

Innovative Technologie trifft traditionelles Handwerk: Mit dem 3D-Drucker werden längst nicht mehr nur Prototypen, sondern auch marktreife Endprodukte produziert. Was sich in der Mode oder der Architektur bereits etabliert hat, gewinnt nun auch im Bereich edler Schmuckstücke aus Gold oder Platin an Beliebtheit. Wie das funktioniert? Mithilfe einer hochkomplexen Technologie, speziell entwickelten Granulaten und einem besonderen Druckverfahren. Und nicht zu vergessen: der Handarbeit erfahrener Goldschmiede. Wir haben eine der 3D-Schmuck-Pionierinnen getroffen, die Wiener Designerin Marie Boltenstern. Die 31-Jährige gehört zu den Ersten, die auf die innovative Fertigungsmethode setzt. Dabei ist sie als Tochter des international bekannten Goldschmieds und Bildhauers Sven Boltenstern eigentlich mit dem traditionellen Schmuckhandwerk aufgewachsen.

Sven Boltenstern, der seine Marke 1964 gründete, war durch und durch Künstler. Seine Kollektionen präsentierte er in den 1970er- und 80er-Jahren in Pop-ups von London bis New York und auf internationalen Kunstausstellungen. Die prestigereichen Einzelstücke – üppige Broschen, Statement-Ohrringe und opulente Colliers – haben mittlerweile hohe Sammlerwerte. War es also vonseiten der Tochter eine Art von Rebellion, sich statt auf traditionell gehämmerten Schmuck auf eine computergestützte hochmoderne Technik zu konzentrieren? „Nein, überhaupt nicht. Das war eher Zufall“, erzählt Marie Boltenstern. Denn eigentlich wollte sie viel lieber in die Fußstapfen ihres Großvaters treten und Architektin werden. An der TU Wien machte sie deshalb zunächst ihren Bachelor in Architektur und anschließend ihren Master in Emergent Technologies an der Architectural Association in London. „Zu dieser Zeit habe ich das erste Mal von einem 3D-Drucker gehört, der Gold drucken kann und damit völlig neue Formen ermöglicht, die kein menschlicher Goldschmied gestalten kann“, erzählt sie. Nämlich ineinander verwobene, organisch wirkende, netzartige Strukturen, in die sogar Edelsteine eingefasst werden können. Vor allem Letzteres faszinierte sie, da diese „Umarmung“ der Edelsteine eine völlig neue Methode war, sie einzufassen. So ergriff sie vor sechs Jahren die Chance, das Familienunternehmen weiterzuführen und in neue Bahnen zu lenken.

Das war anfangs jedoch nicht so einfach. Zwar waren die Eltern schnell von der Vision ihrer Tochter überzeugt, doch die alteingesessene Firma neu zu etablieren, barg seine Herausforderungen. So sollte es von der Idee bis zum ersten gedruckten Schmuckstück eineinhalb Jahre dauern. Dazwischen lagen ein monatelanger Research, Überzeugungsarbeit bei bestehenden Partnern und Kunden sowie zahlreiche Flüge nach Birmingham. Denn dort steht der Drucker, mit dem die hochfiligranen Schmuckstücke entstehen. „So sind wir technologisch immer auf dem neuesten Stand der Forschung“, erklärt die Schmuck-Architektin. „Zudem braucht man eine spezielle Ausbildung, um den Drucker zu bedienen.“ In ihrem Atelier, das passenderweise unweit der kaiserlichen Schatzkammer der Wiener Hofburg liegt, entstehen die Entwürfe. „Jedes Blütenblatt, jeder Pflanzenstiel und jedes noch so kleine Detail in der Natur hat seinen eigenen mathematischen Aufbau, den ich mit meinem Schmuck erfassen möchte“, führt sie weiter aus. Mit einem CAD-Computer-Programm werden die Designs entworfen und in einem kleinen 3D-Drucker erste Wachsmodelle gefertigt. Beim Goldguss-Verfahren sind diese Plotter dann die Basis für Negative aus Gips, in die schließlich die Edelmetalle gegossen werden. Marie Boltenstern dienen sie als erste Veranschaulichung dessen, was später direkt aus Edelmetall gedruckt werden soll. Ist sie zufrieden, wird in Birmingham auf Basis ihrer Codes die formschöne Juwelierware in einem additiven Verfahren aufgebaut.

Der Clou sind ein eigens entwickeltes Granulat, von dem sich immer circa zwei Kilo als Rohmaterial in dem Drucker befinden müssen, sowie ein hochauflösender Laser, der das Granulat an den Stellen zusammenschmilzt, an denen die Form entstehen soll. Und zwar Schicht für Schicht, ohne dass die Übergänge zu sehen sind. „Anfangs waren die Oberflächen der gedruckten Elemente sehr körnig“, erinnert sich die Designerin. „Das haben wir mittlerweile optimiert, indem in England jedes Stück automatisiert vorpoliert wird und in unserer Werkstatt dann noch mal durch erfahrene Goldschmiedehände geht.“ Ganz ohne das gute alte Handwerk geht es dann eben doch nicht. Das Ergebnis sind leichtgewichtige, komplex strukturierte Ohrringe, Armbänder, Ringe, Manschettenknöpfe und Anhänger, die bis auf letzte Details wie etwa Ringschienen oder Ketten in einem Stück aus dem Drucker kommen. Günstig ist der edle Schmuck aus dem Hause Boltenstern trotz automatisierter Herstellung nicht. Die exklusivste Kreation, ein 9-reihiges Goldarmband im Wert von 54.500 €, ist zugleich der Liebling der Designerin. Sie hat ihn nach dem Vorbild eines Schuppentieres entworfen. Neben dem hochwertigen Echtschmuck bietet die Wienerin aber auch kostengünstigere Modelle aus buntem Polyamid sowie individualisierbare Modelle an. Denn die moderne Fertigungstechnik erlaubt ein viel höheres Maß an Personalisierung, etwa mit Unterschriften oder kleinen Zeichnungen, die direkt auf die Schmuckstücke gedruckt werden. Ein Bereich, den die Inhaberin in Zukunft unbedingt weiter ausbauen möchte: „Die 3D-Technik ist ungemein spannend. Weltweit als Pionier-Marke, die für höchste Innovation im Echtschmuckbereich steht, wahrgenommen zu werden, das ist meine Vision für die nächsten Jahre.“