Der neue Range Rover

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Man könnte sagen: Der Range Rover war schon SUV, als sich in der Automobil-Industrie noch auf Jahrzehnte hinaus niemand hätte vorstellen können, dass ein Nutzfahrzeug – als nichts anderes war ein Geländewagen schließlich ursprünglich gedacht – einmal zum unumstrittenen Verkaufsschlager in den Portfolios der Autohersteller werden würde. Wobei der Begriff SUV zugegeben eher eine Beleidiung für einen Range Rover ist. Denn während die Geländetauglichkeit vieler der tonnenschweren PS-Monster mancher Konkurrenten bestenfalls eine theoretische Kompetenz ist, die sich spätestens am ersten Bächlein erschöpft, das den Weg kreuzt, war der Brite schon immer auch darauf getrimmt, selbst dort noch voranzukommen, wo andere längst aufgegeben haben. Kein Wunder, schließlich war der Range Rover aus dem Hause Rover nichts anderes als ein Schwestermodell des Land Rover, und der Landy, wie ihn seine Fans liebevoll nennen, gilt bis heute als Geländewagen per se, als Blaupause für ein durch und durch geländefähiges Auto. Als nun im Sommer 1970 die erste Generation des Range Rover vorgestellt wurde – zunächst nur als Dreitürer –, da bedeutete das einen Quantensprung. Wer schon immer von einem Auto mit der Robustheit und den Fähigkeiten eines Landy, aber auch mit der Eleganz, der Noblesse und dem Komfort mindestens eines Jaguar geträumt hatte, dessen Träume wurden nun Realität. Von nun an sollte der Range Rover das Gebrauchsauto des britischen Adels sein, der Geländewagen also, den der Lord fährt. Während der Verwalter die weitläufigen Landgüter weiterhin im Landy abklappern musste, um nach dem Rechten zu sehen, konnte der Lord seine Ländereien dank des Range Rover nun besuchen.

Mehr als ein halbes Jahrhundert ist das nun her – mittlerweile ist der Range Rover auf seiner langen Reise in der fünften Generation angekommen und hat einen Reifegrad erreicht, bei dem man sich die Frage stellt, wie es eine sechste oder vielleicht irgendwann siebte Generation noch besser machen will. Der fünfte Range Rover ist der beste Range, den ein Auto nur sein kann. Längst hat sich der zuvor noch vorhandene Respektabstand zum Bentley Bentayga auf ein Minimum reduziert – sofern dieser Abstand überhaupt noch existiert –, und im Grunde genommen kann der neue Range sogar all das, was ein Rolls-Royce Cullinan auch kann. Manches wohl gar besser – zu einem deutlich geringeren Preis. Kostet der Range in seiner Top-Version aktuell „nur“ rund 206.000 Euro (das ist beinahe Bentayga-Niveau), ist der Rolls Royce mit rund 415.000 Euro beinahe doppelt so teuer. Bewundernswert ist vor allem, dass sich im Range Rover 2022 immer noch das gleichnamige Fahrzeug von 1970 erkennen lässt. Ein Range Rover war schon immer eine unverwechselbare Erscheinung, und das gilt ebenso für Nummer fünf. Er wirkt wie aus einem einzigen großen Block gefräst und lässt in seiner Klarheit durchaus an typisch skandinavisches Design denken. Kurzum: Der Range 2022 ist das beste Beispiel dafür, wie man das Wesen einer Ikone bewahrt, diese Ikone aber gleichzeitig für den herrschenden Zeitgeist fit macht. Allenfalls noch dem Mini, eine weitere britischen Ikone, ist es gelungen, die eigene Formensprache über mehr als ein Jahrhundert als unverwechselbar zu wahren.

Selbstverständlich aber ist es nicht nur die Form, die einen Range Rover ausmacht. Es sind gerade auch seine Eigenschaften, die ihn einzigartig machen. Fähigkeiten, die im Laufe der Jahrzehnte nur noch gewachsen sind. So garantiert die serienmäßige Allradlenkung heute einen Wendekreis von knapp elf Metern. Ein Wert, den längst nicht jeder Kompaktwagen erreicht. Dass der Range in der Top Version mit 4,4-Liter-8-Zylinder-Turbo-Benzinmotor, der 530 PS leistet, in 4,6 Sekunden von null auf 100 km/h beschleunigt, ist dagegen zwar eine nette Randnotiz und hebt den Range auf Sportwagenniveau, ist aber sicherlich nicht das, wofür sich die Kundschaft am meisten interessiert. Eher schon schaut man wohl z. B. auf die Wattiefe, die stolze 90 cm ausmacht, exakt derselbe Wert also, mit dem auch der Land Rover Defender glänzt. Und um auf das „Bächlein“ vom Beginn zurückzukommen – ein Range wird selbst noch mit manchem Fluss fertig. Übrigens: Auch in Sachen Antrieb geht man mit der Zeit. Zwei Plug-in-Hybride hat man bereits im Portfolio, mit 440 bzw. mit 510 PS, die eine rein elektrische Reichweite von mehr als 100 Kilometern haben sollen. Und schon ab 2024 wird es erstmals auch einen vollelektrischen Range Rover geben.

Text von Andreas Kötter