BuenaVentura Wallpapers
Madrid, 2003: Das Ehepaar Belén Huidobro und Juan Aresti hat lukrative Jobs. Belén arbeitet als Mitgründerin und Managerin eines Unternehmens der grafischen Industrie, Juan als Grafiker und Kreativdirektor im Zeitungsbereich. Und dennoch ist Juan unzufrieden, etwas fehlt ihm. Der Grund ist bald gefunden: „Nur am Monitor zu arbeiten, hat mir einfach keinen Spaß mehr gemacht. Ich wollte wieder etwas mit meinen Händen machen, etwas Haptisches, Greifbares“, erzählt der 53-Jährige, der aus einer Familie von Druckern, Verlegern und Künstlern stammt und in Madrid an der Königlichen Akademie der Schönen Künste und drei Jahre auch an der Münchner Kunstakademie in der Bildhauerklasse bei James Reineking studiert hat. Schon seit einer Weile malt er damals privat großformatige dekorative Aquarelltafeln für die heimischen Wände und für Freunde. Irgendwann entsteht gemeinsam mit Belén die Idee, eine Manufaktur für handgemalte Tapeten zu gründen. Trotz ihrer künstlerischkreativen Erfahrung und der Tatsache, dass beide zu jener Zeit schon seit Längerem historische Tapeten sammeln, kein leichtes Unterfangen: „Wir haben bei null angefangen. Zwar hatten wir bestimmte Vorstellungen davon, was wir bezüglich der künstlerischen
Ästhetik machen wollen, mussten uns aber erst autodidaktisch an die entsprechenden Materialien und Techniken herantasten“, erzählt er weiter. Unzählige Experimente folgen, bis endlich das richtige Papier aus Baumwolle gefunden ist, die richtigen Pigmente und Tinten sowie ein umweltfreundlicher Lack, der die Tapeten optimal versiegelt und veredelt. Um in Ruhe an der passenden Maltechnik, einem unverwechselbaren ästhetischen Stil und einem Portfolio an Motiven
arbeiten zu können, ziehen die beiden in ein rustikales Bauernhaus in Jávea an der Costa Blanca. Als Werkstatt für die Manufaktur mieten sie eine ehemalige Fabrik für Palmblattbesen.

Die Begegnung mit der pittoresken mediterranen Natur der Küstenlandschaft ist für die beiden Städter dann die einschneidende Erfahrung, die letztendlich die Richtung in der Motivauswahl vorgibt: „Vollkommen begeistert von der besonderen Aura der Gegend begannen wir einfach alles zu malen, was uns umgab: Bougainvillea, Mohnblumen, Bauhinien und auch die Fauna der Region“, erklärt Juan, der auch heute noch oft Motive auf langen Spaziergängen findet und in Skizzenbüchern festhält oder sie fotografiert. Betrachtet man die Arbeiten von BuenaVentura, fällt jedoch sofort auf, dass Natur hier nicht einfach fotorealistisch abgebildet wird. Die Motive sind abstrahiert, in Poesie transformiert, haben eine wundervolle, schwer fassbare emotionale Anziehungskraft und bewahren sich ihr Geheimnis im Angedeuteten, grundsätzlich eine der
Stärken der Aquarelltechnik. „Wir sind maßgeblich von der japanischen Sumi-e-Malerei und den Werken der großen westlichen Aquarellisten wie William Turner oder John Singer Sargent beeinflusst“, verrät der Künstler. In der Sumi-e-Malerei arbeitet man mit schnellem, gekonntem Pinselstrich, organisch, aus der Intuition heraus. Ziel ist es, mit so wenigen Pinselstrichen wie möglich das Wesentliche zu erfassen. Den Motiven also durch Vereinfachung das Spezifische zu
nehmen und sie ins Allgemeingültige, Ideale zu übersetzen. Und so sind z. B. die Tiere in
den Arbeiten der Manufaktur oft ohne anatomische Details wie Augen oder Krallen gemalt. In den auf den Tapeten eingefangenen abstrahierten Lichtstimmungen, Wasserspiegelungen oder Wolken, die ihnen eine ungewöhnliche Tiefe und Dreidimensionalität verleihen und oft als Hintergrund für die figürlichen Motive fungieren, findet sich besonders der Einfluss William Turners wieder. Insgesamt wirken die Tapeten zeitlos, modern und traditionell zugleich. Selbst etwas klischeehafte Motive wie Bambuswälder kommen im BuenaVentura-Makeover frisch und im Detail überraschend rüber. „Genau das ist unser Ziel: Selbst dem Vertrauten neue Facetten abzugewinnen. Einen eigenen Stil zu haben, aber auch Zeitloses zu schaffen. Schließlich halten unsere Tapeten sehr lange Zeit“, so Juan.

Ihre Aufträge erhält das Ehepaar heute meist von Innenarchitekten und Architekturbüros auf der Suche nach etwas Besonderem für ihre Kunden. Dabei werden Motive aus dem Portfolio ausgesucht, die dann an die Räumlichkeiten und speziellen Wünsche angepasst werden. Eine im Detail schwierige Aufgabe, schließlich ist jeder Raum verschieden. „Man muss erst ein Gefühl dafür bekommen, wie das jeweilige Motiv im Zimmer und im Zusammenspiel mit dem Interieur funktioniert“, erläutert der Designer. Und auch die Ausführung hat ihre Tücken: Die fragilen Baumwollpapiere, die bis zu fünf Meter breit und drei Meter hoch sein können, werden liegend bemalt, bevor sie zusammengerollt an den Kunden geschickt werden. Das erfordert ein hohes Maß an Vorstellungsvermögen beim Malen.

Dass sich der Aufwand lohnt, zeigt der Erfolg der Manufaktur, die heute, der logistischen Vorzüge der spanischen Hauptstadt wegen, wieder von Madrid aus operiert. Während die Aufträge in den ersten Jahren von Privatpersonen für ihre Wohnungen oder Villen gekommen sind, zieren BuenaVentura-Tapeten mittlerweile auch Hotels, Restaurants und Geschäfte in aller Welt. Was wiederum neue Herausforderungen mit sich bringt: So dürfen z. B. in einem Hotelkorridor aus
feuerpolizeilichen Gründen nur gedruckte und keine handgemalten Tapeten aufgezogen werden. Doch um sich treu zu bleiben, sind auch diese vom Entwurf her stets Unikate und werden exklusiv bei BuenaVentura selbst gefertigt. Schließlich ist man eine Manufaktur und möchte dies auch bleiben. Denn mit diesem Ziel hat das Abenteuer vor beinahe 20 Jahren begonnen.