Ist man mal da, ist das blutrote Entree des Ristorante Piazza Duomo in einer versteckten Seitengasse im piemontesischen Alba nicht zu übersehen, aber das ist eine falsche Fährte. Denn das Piazza Duomo war schon früh eine Kathedrale der vegetalen Küche, Fisch und Fleisch (gerne Wild) sind hier die wohl platzierte Ausnahme. Das ins lachsfarbene changierende Rosa des Interieurs mit dem bezaubernden Blick auf den Dom und dessen Vorplatz bildet den perfekten Kontrast zum wiederkehrenden Grün der Gerichte des drahtigen Inhabers und Küchenchefs Enrico Crippa. Dem wurde vom Vater die Begeisterung für den Rennradsport und vom Großvater die Liebe zu Märkten und lokalen Produkten in die Wiege gelegt. Früh kam er zu Italiens erstem 3-Sterne-Koch Gualtiero Marchesi nach Mailand und Ende der 1990er-Jahre konzipierte er für ihn ein Restaurant im japanischen Kōbe, wo er drei Jahre blieb. Eine Zeit, die die Klarheit und Kunstfertigkeit seiner Küche schärfte. 2005 eröffnete er dann mit der Winzerfamilie Ceretto das Piazza Duomo, bereits ein Jahr später leuchtete der erste Stern. 2009 folgte der zweite und bereits 2012 der dritte, mittlerweile kam auch der grüne Michelinstern hinzu (ein Großteil der im Restaurant verarbeiteten Pflanzen stammt aus den eigenen biodynamischen Gärten und Gewächshäusern). Mehr geht nicht. Crippa gilt als Meister der Blüten und Kräuter, legendär ist sein Salat mit bis zu 120 Zutaten bei idealer Tagesernte. Manchmal widmet er sich auch den Größen der zeitgenössischen Kunst wie Anselm Kiefer, Francesco Clemente oder Marina Abramović und zaubert Gerichte als Reminiszenz zu deren Ausstellungen. So konstant der Sternenhimmel über dem Piazza Duomo auch erstrahlen mag, die Kreativität der Küche funkelt hier jeden Tag aufs Neue.