Michael Käfer: Endlich wieder Wiesn!

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Das Oktoberfest, wie wird es wohl werden, nach zwei Jahren Pause? Noch großartiger, ausgelassener und strahlender? Ein Feuerwerk der Lebensfreude? Oder werden es die meisten ein bisserl ruhiger angehen lassen, einen Gang zurückschalten, bewusster genießen? Das Schöne: Es kann und es wird wieder jeder nach seiner Fasson glücklich werden. Die Entwicklung zur heutigen Vielfalt der Wiesn hat Michael Käfer hautnah miterlebt. Als sein Vater Gerd Käfer 1973 die Käfer Wiesn-Schänke mit damals 80 Plätzen eröffnete, war er schon ein Teenager. Kulinarisch umgeben war sie damals von Steckerlfisch, Hendl- und Ochsenbratereien. Das Oktoberfest entwickelte sich ja sehr lange sehr gemächlich. 1810 gegründet, dauerte es 70 Jahre, bis endlich Bier aus kleinen Buden ausgeschenkt wurde. Ein Jahr später lockte erstmals der Duft einer Hendlbraterei. Und ein richtiges Festzelt, gleich ein zünftiges Exemplar mit 6.000 Plätzen samt Blaskapelle, stand erst ab 1898 auf der Theresienwiese. Die Fläche, die er dafür brauchte, fünf Bierbudenplätze insgesamt, hatte sich der Nürnberger Wirt Georg Lang mittels fünf Münchner Strohmännern erschlichen: Schlawiner gab es auch damals schon.

In diesem gemütlich-behäbigen Umfeld erkannte Gerd Käfer vor fast 50 Jahren seine Gelegenheit. Sein Credo, immer einen Schritt mehr zu gehen, sich immer mehr Mühe zu geben als die anderen, war ja kein bloßer Spruch, sondern täglich gelebtes Arbeitsethos. Auf der Theresienwiese war schnell zu sehen, was er damit meinte: Die Wiesn-Schänke war kein normales Zelt, sondern einer Almhütte mit Originalhölzern eines alten Bauernhauses nachempfunden, und das ist sie bis heute. Ein besonderes Ambiente für eine Küche, die sich immer als Vorreiter begriff. Nutzten Gerd und Michael Käfer erst ihre oft exklusiven weltweiten Kontakte, um die Möglichkeiten einer Volksfestküche grandios zu erweitern, gibt es bereits seit bald zwei Jahrzehnten ein Umdenken bei Käfer. Wiederentdeckte Klassiker und Traditionen, seltene heimische Produkte, kleine Züchter, kurze Wege, Nachhaltigkeit, langjährige, loyale Zusammenarbeit – Begriffe und Herangehensweisen, die heute sprichwörtlich in aller Munde sind, kann man in der Käfer Wiesn-Schänke schon seit über 15 Jahren entdecken. Für Michael Käfer ist das kein Trend mehr, sondern eine Selbstverständlichkeit – weit über das Oktoberfest hinaus. Aber lassen wir ihn doch selbst zu Wort kommen.

Michael Käfer über…

VORFREUDE

Ich kann Ihnen gar nicht sagen, wie sehr ich mich auf die Wiesn freue. Es heißt ja so schön: Du merkst erst, wenn du etwas nicht hast, wie sehr es dir abgeht. Und das stimmt! Vor allem haben meine Frau Clarissa und ich gemerkt, dass man auf der Wiesn immer wieder Menschen trifft, oft von weit her, denen man sonst das ganze Jahr nicht begegnet. Also Vorfreude: Ja, mehr denn je!

WACHSTUM

1973 ging es los und aus unserer kleinen Schänke mit 80 Plätzen wurde in all den Jahrzehnten eine Location mit etwa 1.400 Plätzen innen und 2.000 im Gartenbereich. Dabei ist es stets die größte Herausforderung, auf dem begrenzten Raum im Herzen unserer Wiesn-Schänke eine perfekt funktionierende Küche aufzubauen. Heute gehen täglich bis zu 15.000 Gerichte über den Küchenpass. Das ist eine Menge, und jedes einzelne entspricht den Käferwerten „hochwertig, einzigartig, liebenswert, emotional und überraschend“. Größer werden wir nun nicht mehr, besser hoffentlich jeden Tag ein bisserl mehr.

LAGE

Früher lagen wir ja am Rande des Oktoberfests, heute sind wir mittendrin, Gott sei Dank. Über unseren Standort könnte ich nicht glücklicher sein, beschert er mir doch jedes Mal einen Traummoment, wenn am zweiten Samstag die Wiesnkapellen gleich bei uns unter der Bavaria spielen. Luftballons steigen auf, meist in einen weiß-blauen Himmel, und die Stimmung ist wirklich schön. Da muss jedem, der in unserer Region geboren ist oder ein Faible dafür hat, einfach das Herz aufgehen. Mir geht es jedenfalls so und meiner Frau Clarissa auch.

PLANUNG

Das Oktoberfest ist bei uns ein Ganzjahresjob, besonders für unsere Wiesn-Chefin Susanne Geimann und unseren Küchenchef Andreas Schinharl. Denn der geht nicht einfach zum nächsten Metzger, sondern lieber auf die Weide und gerne auch mal weite Wege, um genau die Zutaten und Produkte zu finden, die wir seiner Meinung nach brauchen. Oft wirken diese geradezu schlicht, nicht selten bin ich skeptisch, aber der Erfolg gibt ihm immer recht. Und das seit über 15 Jahren. Es geht ja nicht nur darum, schnell mal Bayerns besten Käse zu entdecken oder den seltensten Donaufisch. Es geht vor allem auch um die Logistik: Alles, was wir auf der Wiesn verwenden, muss täglich zum richtigen Zeitpunkt in der richtigen Menge und in der exakt richtigen Größe vorhanden sein. Und noch dazu in einer besonders guten, unverwechselbaren Qualität. Jedes Käfer Wiesn-Gericht ist tatsächlich maßgeschneidert, bis hin zum Brettl oder Teller und zu dessen Dekor. Einzigartigkeit kann man nicht behaupten, man muss sie erzeugen. Wenn wir am ersten Samstag aufsperren, ist der Großteil der kulinarischen Arbeit bereits geleistet, denn unser Küchenchef bekommt von seinen Lieferanten, Züchtern und Partnern alles genau so, wie er es haben möchte, weil er sie auf lange Sicht davon überzeugt hat. Dafür braucht es oft jahrelange Vorausplanung und sehr viel gegenseitiges Vertrauen. Und Zusammenhalt, auf die ganz altmodische Art, braucht es auch.

UNWÄGBARKEITEN

Man sagt uns nach, der Käfer Wiesn-Genuss lebe von der Küche, der Stimmung und vom Ambiente und von dessen Flair. Ja, ich möchte unser Holzhaus nicht missen, aber schlaflose Nächte bereitet es mir schon. Obwohl es bestens eingelagert wurde, wurden seine Bestandteile jetzt fast drei Jahre lang nicht in die Hand genommen, da kann einiges kaputtgehen. Es braucht nur ein winziges Loch im Container und Feuchtigkeit oder ein Nager kommt hinein. Für historische Holzbalken gibt es nicht so leicht Ersatzteile wie für normale Festzelte, der handwerkliche Arbeitsaufwand ist hoch und man kann ja nichts auf Vorrat produzieren. Gott sei Dank konnten wir diesmal schon im Juni, vier Wochen früher als sonst, mit dem Aufbau beginnen. Im Großen und Ganzen ist alles gut gegangen. Aber wenn Sie nun irgendwo ein helleres Holzstück sehen, dann wissen Sie wenigstens, warum.

PRIVILEGIEN

Ich habe Ihnen schon gesagt, wie sehr ich das Konzert der Wiesnkapellen am zweiten Samstag mag. Das Oktoberfest beschert mir eine ganze Menge dieser zauberhaften Momente, wofür ich wirklich dankbar bin. Da zählen auch der Eröffnungssamstag, der Auszug der Wiesnwirte und jeden Abend ganz spät die Verabschiedung der letzten Gäste dazu. Einen Moment aber gibt es, der gehört mir ganz alleine, und dieses Privileg gönn´ ich mir nur allzu gerne: Als Wiesnwirt dürfen Sie nämlich am Freitagabend vor der Eröffnung eine allerletzte große Runde über die Theresienwiese drehen. Ich mache das meistens mit dem Radl und Sie glauben gar nicht, wie schön das ist. Alles ist bereit und aufpoliert, funkelt, glänzt und steckt voller Erwartungen. Picobello, adrett und zu Recht ein bisserl stolz. Die Wiesn drückt nochmal den Rücken durch. Monate-, teils jahrelange Vorbereitungen geben mir dann Rückenwind. Diese Runde ist für mich das Allerschönste.

ERWARTUNGEN

Die Lust auf das Oktoberfest ist auch bei unseren Gästen und Kunden so groß wie noch nie. Das sieht und hört und spürt man überall. Genuss war mal Normalität, jetzt ist er wieder ein Privileg. Mich freut das, denn es kommt unserer Philosophie der letzten Jahre sehr entgegen. Veganes, Vegetarisches, hochwertige Produkte von kleinen Züchtern, das ganze Thema Nachhaltigkeit, dafür braucht es bei uns keinen Neuanfang. Wir gehen unseren Weg einfach weiter. Es ist nicht die Zeit für Experimente, darüber sind wir uns bei Käfer alle einig. Unser Fokus liegt darauf, das Vertraute noch besser zu machen, als es
jemals war.

AUSDAUER

16 Tage Wiesn, von morgens bis spätabends, bei uns noch ein bisserl länger als sonst fast überall. Ob man da Ausdauer braucht? Was sollen da erst unsere emsigen Bedienungen, unsere großartigen Köche und die unzähligen Helfer hinter den Kulissen sagen? Ich verrate Ihnen aber gerne, wie ich das erlebe: Wenn tagsüber das Wetter gut ist und, wohin ich auch blicke, unsere Gäste gut drauf sind, dann gibt mir das immer wieder ein unendliches Glücksgefühl, einen richtigen Adrenalinstoß. Ohne Übertreibung! Ich gehe also nicht nur als Gastgeber gerne in unseren Garten, ich bekomme dort auch jede Menge Energie zurück. Und spätnachts, wenn wir die letzten Gäste verabschieden und ich merke, dass wir sie richtig glücklich gemacht haben, dann ist das schon ein einmaliges Gefühl: Zufriedenheit, Demut, Dankbarkeit. Dass ich danach oft schlecht einschlafe, weil mich die Vorfreude wachhält, ja, das ist eine ganz andere Geschichte …